Der Sommernachtsball by Gibbons Stella

Der Sommernachtsball by Gibbons Stella

Autor:Gibbons, Stella [Gibbons, Stella]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Wilhelm-Goldmann-Verlag
veröffentlicht: 2013-12-03T16:00:00+00:00


17. KAPITEL

Nach der Gartenparty der Springs versank Sible Pelden in Ereignislosigkeit und Langeweile. Niemand lud mehr irgendwen irgendwohin ein, es war unerträglich heiß, ja schwül; die meisten feinen Herrschaften schlossen ihre Häuser zu und fuhren in die Sommerfrische. Endlos heiße Tage reihten sich aneinander, windstill und staubig. Im Eichenwäldchen trocknete das Bächlein aus, und der Einsiedler war gezwungen, zweimal am Tag Mrs Caker aufzusuchen, um seinen Kanister mit Wasser zu füllen und ihr den Hals zu kitzeln. Die Vögel schwiegen, und die Jugend von Chesterbourne vergnügte sich nach einem heißen Arbeitstag in der kühlen Bourne. Viola Wither nahm zwei Pfund ab, Tina Wither drei zu und bekam erstmals runde Wangen.

Grassmere war wie ausgestorben, nur der Obergärtner und seine Frau hielten die Stellung. Die Springs, so hörte man, machten Urlaub im Ausland.

Saxons melodiöses Pfeifen war kaum noch zu hören, denn er machte sich Sorgen. Mit pochender Schädelwunde, noch immer erfüllt von Zorn und Scham über das Geschehene, war er den ganzen Weg durchs Eichenwäldchen gelaufen, um Tina die Röschen zu bringen. Dies hatte ihn der Möglichkeit beraubt, sein Leben weiterhin selbst zu steuern: Und das wusste er.

Es war ihm so leicht erschienen, Tina die ganze Arbeit zu überlassen und dann Mr Wither zu erpressen; ein vernünftiger Mann mit gesundem Eigeninteresse hätte nicht gezögert – und Saxon hielt sich für einen vernünftigen Mann mit gesundem Eigeninteresse.

Aber er hatte seine bessere Natur außer Acht gelassen. Nur mit ihr – und seinem eisernen Willen – war es ihm gelungen, sich aus seinen erbärmlichen Verhältnissen zu befreien. Und nun hielt sie ihn davon ab, Tinas Schwäche zu seinem Vorteil zu nutzen.

Ihre Worte im Wohnzimmer der Dienstboten hatten ihn so tief berührt, wie es seine misstrauische Natur nur zuließ. Er fand sie zwar peinlich, und es passte ihm gar nicht, dass Tina sie überhaupt hatte sagen müssen, aber ihr Mut und ihre Ehrlichkeit beeindruckten ihn. Und so hatte er ihr mit den Rosen auch seine Rücksichtslosigkeit ausgehändigt.

Außerdem wollte er jetzt, mehr denn je, respektabel werden und seiner Mutter und dem alten Falger so unähnlich wie nur möglich. Es ließ sich beim besten Willen nicht respektabel nennen, wenn man die Tochter seines Arbeitgebers verführt und ihn dann damit erpresst. Wenn ich das mache, dachte Saxon, dann bin ich nicht besser als die zwei. Sogar schlimmer, denn die sind wie Tiere, die wissen nicht, was sie tun. Aber ich schon. Ich weiß es besser.

Außerdem bezweifle ich, dass der Alte so viel rausrückt (er hatte vorgehabt, Mr Wither um tausend Pfund zu erleichtern), bloß damit ich das Maul halte. Einen Fußtritt wird er mir geben und ihr wahrscheinlich auch. Und wie stünden wir dann da? Keine Arbeit, keine Referenzen, kein Geld und vielleicht noch ein Kind unterwegs. Sie wird ja wohl kaum viel auf der Kante haben, sonst wäre sie sicher schon vor Jahren abgehauen.

War sowieso ’ne verdammt blöde Idee, dachte Saxon.

Unrealistisch. So was klappt doch nur im Kino. Ich muss mir was anderes einfallen lassen. Aber was? So kann’s jedenfalls nicht weitergehen. Ich fang an, sie zu mögen. Kann’s ebenso gut zugeben.



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